Blinden- und Sehbehindertenverband begeht 30. Gründungsjubiläum
Seit drei Jahrzehnten Beratung, Begegnung und Hilfe für blinde und sehbehinderte Menschen in Sachsen-Anhalt
Magdeburg | Der Blinden- und Sehbehindertenverband Sachsen-Anhalt e.V., der als Selbsthilfeorganisation die Interessen der von Blindheit, Sehbehinderung und Augenerkrankungen betroffenen Menschen und ihrer Familien wahrnimmt, begeht dieser Tage den 30. Jahrestag seiner Gründung.
Die Gründungsversammlung fand am 3. November 1990 in Magdeburg statt.
Wegen der Auswirkungen der Corona-Pandemie und des inzwischen verfügten Lockdowns, verzichtet der Verband auf eine ursprünglich vorgesehene Festveranstaltung aus Anlass des Jubiläums, zumal viele Mitglieder Corona-Risikogruppen angehören.
Die Vorsitzende des Verbandes, Christel Pildner, bedauert diese notwendige Entscheidung und verweist auf die Ergebnisse von 30 Jahren unermüdlicher Arbeit für betroffene Menschen in unserem Land.
"Der Verband hat sich nach der Wende zunächst um die Aufrechterhaltung von Beratungs-, Betreuungs- und Begegnungsstrukturen für blinde und sehbehinderte Menschen bemüht. Diese Arbeit beruhte und beruht maßgeblich auf dem Engagement von Ehrenamtlichen, die meist selbst sehbehindert oder blind sind", betont Christel Pildner.
Die Vorsitzende erinnert daran, wie viele Anstrengungen nötig waren, auch in Sachsen-Anhalt, die in den anderen Bundesländern bestehenden Nachteilsausgleiche für Blinde und hochgradig Sehbehinderte einzuführen und zu erhalten, die den Betroffenen eine zumindest angemessene Teilhabe am Leben ermöglichen sollen. Dennoch gehört Sachsen-Anhalt, was solche Leistungen betrifft, zu den Schlusslichtern im Ländervergleich.
Seit 1990 gab es mehrfach Versuche von Landespolitikern, zu Lasten blinder und sehbehinderter Menschen zu sparen und Leistungen zu kürzen.
Wie Christel Pildner unterstreicht, ging es auch darum, ein Netz überregionaler Beratungsangebote in professioneller Qualität zu schaffen. Dies gelang. Derzeit verfügt der Verband über vier sogenannte "Blickpunkt-Auge" Beratungsstellen und ein (inzwischen in die Jahre gekommenes) Beratungsmobil, dass auch den ländlichen Raum anfährt. Seit 2018 gibt es auch eine Teilhabe-Beratungsstelle in Magdeburg, gefördert aus Mitteln des Bundesprogramms für unabhängige Teilhabeberatung (EUTB).
Diese Beratungsstellen versuchen, auch unter den Bedingungen der Corona-Pandemie eine Grundversorgung für die Betroffenen, vor allem neu von einer Augenerkrankung, Sehbehinderung oder Erblindung betroffene Menschen, aufrecht zu erhalten.
Auch wenn die Beratungsinfrastruktur mit Landesmitteln gefördert wird, ist der Verband zur Finanzierung seiner Angebote in hohem Maße auf die Unterstützung seiner Mitglieder und Spenden angewiesen, erläutert Christel Pildner.
Verdiente ehrenamtliche Mitarbeiter/-innen ausgezeichnet
Da eine Festveranstaltung wie in früheren Jahren leider nicht möglich war, hat der Landesvorstand des Verbandes auf einer internen Verwaltungsratssitzung am 16./17.10.2020 in Magdeburg drei seiner Mitglieder, für zum Teil jahrzehntelange ehrenamtliche Arbeit, mit dem "Gratus-Preis" geehrt. Dieser Preis wird verkörpert von einer Kleinplastik des verstorbenen blinden Bildhauers Dario Malkowski, mit einer entsprechenden Inschrift.
Aus Anlass des 30. Gründungstages des Verbandes wurden geehrt:
Hannelore Gebhardt (Ballenstedt), die seit vielen Jahren den Arbeitskreis der Führhundehalter des Verbandes leitet und seine Begegnungs- und Beratungsangebote in diesem Bereich organisiert hat. Sie war auch in Leitungsgremien auf Kreis und Bezirksgruppenebene aktiv und gehört seit 2017 dem Landesvorstand an.
Christian Reichel (Halle): Er hat sich um die Betreuung und Beratung Betroffener in Halle und Umland verdient gemacht und leitet die Regionalgruppe Halle des Verbandes. In Halle engagiert er sich ganz besonders für die Verbesserung der Barrierefreiheit, u.a. des ÖPNV der HAVAG.
Barbara Schönefeld (Eggersdorf): Sie engagierte sich über viele Jahre für Betroffene im Salzlandkreis und leitet die Bezirksgruppe West des Verbandes, zu der auch Magdeburg und der Harzkreis gehören. Vielfältige Veranstaltungen, Ausflüge und Beratungsangebote wären ohne sie nicht denkbar.
Hintergrund
Der Blinden- und Sehbehindertenverband Sachsen-Anhalt e.V. vertritt die Interessen der blinden und sehbehinderten Menschen sowie von Patienten mit Augenerkrankungen in Sachsen-Anhalt. Er setzt sich für umfassende Barrierefreiheit und soziale Teilhabe dieses Personenkreises ein.
Der Verband wurde am 3. November 1990 gegründet und ging aus Bezirks- und Kreisorganisationen des 1957 gegründeten Vorgängerverbandes der DDR hervor.
Derzeit hat er rund 900 Mitglieder. Rund 100 davon arbeiten ehrenamtlich und organisieren die Veranstaltungen und weitere Angebote der Bezirks-, Regional- und Selbsthilfegruppen im Land.
Für die Beratung Betroffener und ihrer Angehörigen stehen heute Beratungsstellen in Magdeburg, Halle, Stendal und Dessau-Roßlau zur Verfügung, die vom Land Sachsen-Anhalt gefördert werden, zusätzlich ein Beratungsmobil. Die Beratungsstellen setzen den bundesweit vom Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband DBSV begründeten Standard, des Netzwerks "Blickpunkt Auge" um. Zahlreiche ehren- und hauptamtliche Mitarbeiter/-innen wurden nach diesen Vorgaben geschult und stehen Betroffenen zur Seite.
In Sachsen-Anhalt leben nach den Maßstäben der WHO mehr als 30.000 Menschen mit Seheinschränkungen, darunter fast 3.000 Blinde und rund 2.000 hochgradig Sehbehinderte.
Die wichtigsten Ursachen von Blindheit und Sehbehinderung sind heute die altersbedingte Makuladegeneration (AMD), Diabetes und der "Grüne Star" (Glaukom). Dies bewirkt, dass die meisten Betroffenen eine Sehbehinderung oder Erblindung erst im fortgeschrittenen Alter erleiden. Doch gibt es auch heute noch zahlreiche Familien mit blinden und sehbehinderten Kindern sowie Angehörigen, weit unter dem Rentenalter, die Unterstützung und Beratung zur Bewältigung der sozialen, psychischen und beruflichen Auswirkungen benötigen.